Pressemitteilungen

Julia Harting: „Mein Körper hat es mir nicht leicht gemacht“

Es war der engste Kampf um die WM-Tickets bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt. Zwischenzeitlich lagen Anna Rüh (SC Neubrandenburg), Claudine Vita (SC Neubrandenburg), Shanice Craft (MTG Mannheim) und Julia Harting (SCC Berlin) im Steigerwaldstadion nahezu gleichauf. Mit 63,63 Metern gelang Julia Harting dann im fünften Versuch der Befreiungsschlag zum Titel. Über ihren schwierigen Weg zur DM und ihre Zuversicht, bei der WM in London (Großbritannien; 4. bis 13. August) noch stärker auftrumpfen zu können, hat die 27-Jährige im Interview mit uns gesprochen.

Julia Harting, herzlichen Glückwunsch zu ihrem zweiten Deutschen Meistertitel nach 2015. Sie haben bisher nur wenige Wettkämpfe in diesem Sommer machen können. Umso wichtiger war der Titel in Erfurt für Sie. Wie haben Sie den Wettkampf erlebt?

Julia Harting:
Es war echt schwierig. Normalerweise komme ich mit einer guten Sicherheit aus dem Training in die Wettkämpfe und weiß, was ich kann. Dann hat man eine andere Ruhe. Diesmal in Erfurt war das anders. Ich konnte erst vor drei Wochen wieder voll mit dem Training anfangen. Diese Zeit reicht nicht aus, um in der Technik eine Routine aufzubauen.  Körperlich bin ich gut drauf, so dass ich wusste: Wenn ich einen Versuch treffe, fliegt der auch. Aber es war in Erfurt nicht leicht.

Welche Probleme haben Sie vor den Deutschen Meisterschaften ausgebremst?

Julia Harting:
Ich habe einen Muskelbündelriss im Adduktur aus dem Trainingslager mitgebracht. In Shanghai bin ich zum Saisonauftakt noch gestartet, weil ich die Verletzung für nicht so schlimm gehalten hatte. Anschließend konnte ich fünf Wochen gar nicht werfen. Als ich dann nach Oslo und Stockholm gefahren bin, um Wettkampfroutine zu sammeln, war ich krank. Es war total verhext. Vor ein paar Tagen habe ich mir auch noch eine Faszie im Rücken angerissen. Mein Körper hat es mir in diesem Jahr nicht leicht gemacht. Ich hatte immer wieder Einschränkungen. Ich habe mich davon nicht übermannen lassen und weiter durchgezogen, weil ich wusste, dass die Frage: Wer fährt nach London zur WM? erst nach dem sechsten Versuch in Erfurt geklärt sein würde.

Wie haben Sie es geschafft, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen?

Julia Harting:
Ich habe versucht, positiv zu bleiben. Ich wusste, bis Erfurt habe ich eine Chance. Ich habe immer noch vorne geschaut. Ich habe versucht, mich nicht über meinen körperlichen Zustand zu ärgern und immer mein Bestes zu geben, bei dem, was ich gerade tue. Der Titel von Erfurt bedeutet mir vor diesem Hintergrund sehr viel. Es war nicht leicht, sich so oben zu halten.

Die nationale Konkurrenz ist im Diskuswerfen besonders stark. Was haben Sie während ihrer Zwangspause gedacht, als zum Beispiel Nadine Müller (SV Halle) oder Claudine Vita starke Weiten vorgelegt haben?

Julia Harting:
Ich weiß, dass die Mädels alle etwas können. Ich habe es auch verfolgt. Im Endeffekt muss man sich aber auf sich selbst konzentrieren. Ich weiß, dass auch ich weit werfen kann, wenn es mir gut geht und ich dann konkurrenzfähig bin. Aber ich wusste auch, dass es spannend wird, wie jedes Jahr.

Bis zu den Weltmeisterschaften haben Sie nun noch Zeit, wie sieht ihr Fahrplan Richtung London aus?

Julia Harting:
Ich werde mich jetzt voll aufs Training konzentrieren, damit ich eine Routine im Werfen entwickele. Wenn ich einen guten Ablauf habe, kann ich auch konstant werfen und gehe mit einer anderen Sicherheit in den Wettkampf. Der Kopf kann sich dann auf andere Sachen konzentrieren.

Können Sie benennen, was Sie durch den Trainingsausfall verpasst haben und ist das bis London aufzuholen?

Fünf Wochen nicht werfen, das sind mindestens 500 Würfe. Da ich körperlich gut drauf bin, ist dieser Verlust nicht so schlimm. Wenn ich die kommenden fünf Wochen voll nutzen kann und im Training qualitativ gute Würfe mache, kommt die nötige Routine rein. Dieser Zeitraum genügt, da ich in den vergangenen drei Wochen schon mit diesem Training beginnen konnte.

Vor zwei Jahren waren Sie WM-Fünfte, im vergangenen Jahr hat es nach einer starken Saison bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) für Sie leider nicht geklappt. Was ist unter den aktuellen Vorzeichen in London möglich?

Julia Harting:
Ich war letztes Jahr aus verschiedenen Gründen mental erschöpft in Rio. Dieses Jahr geht es mir viel besser. Es gibt viel weniger Probleme drum herum, die ich bewältigen oder wegdrücken muss. Deshalb bin ich sicher, dass wenn es im Training läuft, ich in London um eine Medaille mitkämpfen kann.

Mit Dr. Marko Badura haben Sie einen neuen Trainer. Was zeichnet ihre Arbeit mit ihm aus?

Julia Harting:
Ich fühle mich mit Marko richtig wohl. Er hat super Ahnung von der Technik. Ich kann ihm vertrauen. Er unterstützt mich. Auch als ich verletzt war, hat er versucht, mir ein gutes Gefühl zu geben und den Druck zu nehmen. Er hat konzentriert und ruhig mit mir gearbeitet und mich auch mal ausgebremst, wenn ich unruhig geworden bin. Wir passen als Athletin und Trainer sehr gut zusammen.

Sie werden mit Robert Harting erstmals als Ehepaar nach London fahren. Was ist das für ein Gefühl?

Julia Harting:
Für uns hat sich mit der Hochzeit nicht viel geändert. Wir sind ein super Team, wir sind aber auch Profis. Wenn wir bei der WM sind, sind wir in getrennten Zimmern. Wir gehen zusammen essen, wir gehen zusammen trainieren. Aber da geht es um den Sport. Nach der WM wird zusammen gefeiert oder zusammen geweint, jenachdem.

jhr

Zurück

Sponsoren und Partner

Kooperations- und Medienpartner